Es waren beängstigende Szenen, die sich vor allem nach Ende der PEGIDA-Kundgebung in der Dresdner Altstadt abspielten. Während die Polizei bei den insgesamt vier Gegendemos gegen die Geburtstagsfeier der rassistischen Vereinigung PEGIDA peinlich darauf achtete, dass nur ja jede Auflage verlesen wurde, tobte sich der Mob aus rechten Hooligans und gewaltbereiten Nazis in der Nacht vom Montag richtig aus und die Einsatzkräfte ließen das zu. Wollten oder konnten sie nicht anders? Das Ergebnis: Eine angemeldete Kundgebung auf dem Postplatz musste frühzeitig abgebrochen werden, weil die Polizei die zu hunderten auftretenden Neonazi-Schläger, bewaffnet mit Leuchtspurmunition, Böllern und Schlagstöcken nicht aufhielt. Zwei Marokkaner und weitere GegendemonstrantInnen wurden verletzt. Ganze Straßenzüge wurden von gewalttätigen Nazihorden beherrscht.
Es wirkte dann auch wie Realsatire, als die Polizei in ihren Autos durch die Stadt fuhr und über Lautsprecher rief: „Achtung, sehen Sie sich vor, es ziehen randalierende Nazigruppen durch die Stadt.” Und damit waren nicht kleinere Grüppchen von 10-20 Leuten gemeint, sondern richtig große Gruppen von 300-400 Nazis.
Starke Gegenmobilisierung
Und dennoch, der Abend war ein Erfolg für die Mobilisierung gegen PEGIDA. Ein Bündnis von PEGIDA-GegnerInnen, vorwiegend außerparlamentarische Gruppen, entschloss sich dazu, deren Jahrestag zum Anlass zu nehmen, endlich einmal wieder eine große Gegenaktion zu organisieren. Auch wenn es innerhalb dieses Vorbereitungskreises einige Unstimmigkeiten gab. Diese reichten von Zweifeln an der Aktion, da man PEGIDA damit mehr Bedeutung geben würde als sie verdienen, bis hin zu Blockadeplänen, was uns bei dem bisherigen Kräfteverhältnis relativ absurd erschien. Geeinigt hat man sich dann auf einen Sternmarsch mit vier Routen. Die SAV war für eine der Routen mitverantwortlich. Dorit Hollasky war eine der beiden RednerInnen beim Auftakt am Bahnhof Mitte (Video der Rede). Sie bekam zustimmenden Beifall auf die inhaltlichen Punkte, dass die Gewerkschaften ihre Organisationsmacht besser nutzen müssen, dass wir beim Kampf gegen PEGIDA die soziale Frage in den Mittelpunkt stellen müssen und dass wir eine Vision von einer Gesellschaft brauchen, die nicht mehr kapitalistisch ist.
Trotz einer verhältnismäßig spärlichen Mobilisierung für die Gegenaktionen (wenige Plakate, keine größeren Aufrufe durch die Gewerkschaften, keine offiziellen Mails über den Linke-Verteiler) hatten im Vorfeld schon rund 8000 Menschen auf Facebook ihre Teilnahme zugesagt.
Der Abend übertraf dann unsere Erwartungen. Laut der Studenteninitiative „durchgezählt” beteiligten sich zwischen 15.000 und 18.000 Menschen an den Gegendemonstrationen. Von SchülerInnen, Studierenden, Familien mit Kindern bis zu älteren Menschen waren alle Bevölkerungsschichten auf der Straße. PEGIDA konnte jedoch leider auch 15.000 – 20.000 Teilnehmer vorweisen. Allerdings hatte PEGIDA bundesweit mobilisiert während die Gegenmobilisierung vorrangig eine sächsische war.
PEGIDA ganz rechts
PEGIDA zeichnete sich, wie schon so oft extrem rechte Redebeiträge aus (Hauptredner Akif Pirinçci bedauerte in seiner Rede beispielsweise, dass die KZ’s leider geschlossen sind). Schon bei deren Anreise fiel auf, dass dort große Gruppen organisierter Nazis dabei waren. Zum Beispiel marschierte eine Gruppe von rund 300 Rechten unter Polizeischutz zum Kundgebungsplatz, dabei skandierten sie: “Hier marschiert der Nationale Widerstand”. Anders als zu Beginn der Proteste wird Pegida nun von Nazis und Rechtskonservativen Kräften dominiert. Für diese Kräfte sind die PEGIDA-Proteste der zentrale Hebel sich aufzubauen. Kein Wunder, dass erhebliche Unterstüzung (auch finanzielle) aus allen Teilen der Nazi- und Kameradschaftsszene aufgebracht wird.
Potential für weitere Proteste
Insgesamt bleibt trotzdem ein optimistisches Gefühl, weil sich doch gezeigt hat, dass es eine breite Masse an Menschen gibt, die sich mit PEGIDA nicht abfinden und etwas dagegen tun wollen. Während vor einem Jahr noch viele DresdnerInnen mit PEGIDA sympathisierten ist die Stimmung nun gegen Pegida gekippt.
Das ist die wichtigste Grundlage eine Gegenbewegung zur rassistischen Hetze aufzubauen. Wenn das in Dresden geschafft wird, werden sie auch woanders schwerer Fuß fassen. Und der Kampf gegen PEGIDA wird nicht montags entschieden, sondern von Dienstag bis Sonntag. Es kommt darauf an die Nöte der Menschen, wie etwa zu teure Wohnungen (Dresden hatte fast 30 Prozent Mietsteigerung in den letzten vier Jahren), niedrige Löhne und soziale Unsicherheit aufzugreifen.
Das Potential für diesen Kampf ist da. Es kommt nur darauf an, es zu mobilisieren. Und dafür ist es notwendig, dass endlich DIE LINKE und die Gewerkschaften handeln. Ihren Apparat, ihre Hauptamtlichen und ihre finanziellen Mitteln in den Dienst einer antirassistischen Kampagne stellen, die die Frage aufwirft, woher Rassismus kommt, die Jugendliche mobilisiert und die die soziale Frage in den Mittelpunkt stellt. Wir alle, ob Flüchtlinge, Hiergeborene, ob RentnerInnen oder Jugendliche haben dasselbe Interesse: Eine Welt ohne Kriege, Sozialabbau und Lohnkürzungen. Nur, wenn wir gemeinsam kämpfen können wir unsere Interessen durchsetzen. Denn Solidarität entsteht im Kampf!