Die etablierten Parteien drängen die FPÖ nicht zurück. Ganz im Gegenteil: In Worten und Taten zeigen sie, dass sie selbst auch für eine Politik für Reiche und Großkonzerne sowie für Rassismus stehen. Ob SPÖ und NEOS mit Kürzungen im Bildungsbereich oder Energiepreiserhöhungen in Wien oder ÖVP und Grüne in der Bundesregierung. Aber auch in der rassistischen Hetze versuchen sie, die FPÖ eher einzuholen als zu kontern. Die „das Boot ist voll.“-Logik findet man mittlerweile bei jeder Partei im Programm. Gleichzeitig rollen sie der FPÖ den roten Teppich am Weg zur Macht aus, wie die Koalition von ÖVP und FPÖ in Niederösterreich zeigt, aber auch die Offenheit großer Teile der SPÖ-Führung für Koalitionen.
Nötig wären echte Antworten auf die soziale und wirtschaftliche Krise, die sich nicht der kapitalistischen Profit- und Sparlogik fügen, um enttäuschten Schichten deutlich zu zeigen, dass die Rechten keine Alternative zum Establishment darstellen, sondern Teil davon sind.
Aber auch im Kampf gegen Rassismus dürfen wir uns nicht länger von der Heuchelei und den Lippenbekenntnissen der etablierten Parteien einlullen lassen, sondern müssen Proteste von unten organisieren, um z.B. Diskriminierung oder Zugangsbeschränkungen zu bekämpfen.
Die FPÖ ist vor allem deshalb stark, weil eine sichtbare Alternative zur herrschenden Politik fehlt und das ständige Versagen dieser nicht von Widerstand von unten herausgefordert wird. Wenn Menschen selbst für ihre Rechte kämpfen, merken sie sehr schnell, wer tatsächlich auf ihrer Seite steht und wer nicht. So geriet die FPÖ in der Auseinandersetzung um den 12-h-Tag (eingeführt von der schwarz-blauen Koalition) ziemlich unter Druck. Aber auch die Solidaritätsbewegung mit Flüchtlingen 2015 konnte breiten Schichten zeigen, dass es der Staat ist, der versagt und nicht die Geflüchteten das Problem sind.
Dabei bei moralischen Appellen oder Linkspopulismus a la „Es ist genug für alle da!“ stehen zu bleiben, reicht aber nicht. Denn tatsächlich ist im kapitalistischen System nicht „genug für alle da“. Erst wenn wir den Unterschied zwischen Arm und Reich nicht mehr als gegeben hinnehmen, können wir erkämpfen, dass der Reichtum in der Gesellschaft für die Bedürfnisse aller eingesetzt wird. Diese Perspektive muss eine linke Kraft aufzeigen, sonst gerät sie schnell selbst in eine „Besserverwaltung des Mangels“.
Gemeinsamer Kampf statt Bevormundung
Die Erkenntnis über die eigene Macht gewinnt man am besten, wenn man gemeinsam mit anderen für echte Verbesserungen kämpft. Im Gegensatz zu einer NGO-mäßigen Flüchtlingshilfe, die sich stellvertretend für Betroffene einsetzt, oder die Beschränkung auf “mehr Bildung”, die Menschen oft von oben herab belehrt. Denn das ändert die realen Widersprüche (zu wenig Wohnraum, zu wenig Sozialleistungen usw.) nicht. Aber der gemeinsame Kampf für ein gutes Leben für alle gegen eine herrschende Elite, die von der Ausbeutung und Unterdrückung der Vielen profitiert, ändert die reale Situation und das Bewusstsein. Der gemeinsame Protest von migrantischen und “hiesigen“ Schüler*innen gegen rassistische Angriffe kann klarmachen, dass nicht Migrant*innen das Problem sind, sondern eine Politik, die das Bildungswesen kaputtspart und Schüler*innen (mit und ohne Migrationshintergrund) alleine lässt. Bei Streiks im Sozialbereich wird sehr schnell klar, dass insgesamt viel zu wenig Ressourcen für alle Bereiche zur Verfügung stehen und nicht das bisschen, das für Flüchtlingshilfe aufgewendet wird, am Defizit schuld ist. Ein gemeinsamer Kampf von unten für Verbesserungen wird schnell zeigen, wo wirklich was zu holen ist: Nicht bei denen, die schon nichts haben, sondern bei den Reichen und Unternehmen, die noch dazu während Corona Milliarden an „Hilfen“ bekommen haben, während wir uns hier unten um die Brösel prügeln sollen.
Wie Migrant*innen und People of Colour behandelt werden, macht die Ungerechtigkeit dieses Systems besonders deutlich. BlackLivesMatter und die zahlreichen Beispiele von Selbstorganisierung von migrantischen Beschäftigten in verschiedenen Ländern zeigen auch, dass Betroffene das nicht länger akzeptieren.
Arbeiter*innenklasse - vielfältig, aber vereint
Die unterdrücktesten Teile zu verteidigen und Spaltung zu bekämpfen, ist im Interesse aller, die letztlich unter diesem System leiden. Der gemeinsame Kampf gegen jede Diskriminierung und für soziale Verbesserungen wird aufzeigen, dass das eigentliche Problem das kapitalistische System ist und wird helfen, rassistische Spaltung überwinden.