In Österreich eine Abtreibung durchführen zu lassen, ist gar nicht so einfach. Die mehreren hundert Euro, die diese kostet, muss die Person, die sie benötigt, selbst bezahlen. Vor dem 14. Lebensjahr wird die Einwilligung der Eltern benötigt. Ärzt*innen dürfen sich weigern, einen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen.
Auch in Österreich gibt es genügend Tabuisierung, moralischen Druck sowie organisatorische Hürden. Dazu kommt noch der Zeitdruck, unter dem man steht – denn man darf nur bis zur 16. Schwangerschaftswoche abtreiben.
Im Burgenland gibt es keine Kliniken, in denen Abtreibungen durchgeführt werden. In Tirol will man nun ein "Schwangerschaftsabbruchregister" einführen. In Salzburg will man eine Informationskampagne zur Vermeidung ungewollter Schwangerschaften sowie zu Adoption und Pflegeelternschaft als Alternative zur Abtreibung ausarbeiten. Vor einem Schwangerschaftsabbruch muss man sich einem ärztlichen Aufklärungsgespräch unterziehen.
Die ÖVP und FPÖ sind gegen eine Streichung aus dem Strafgesetzbuch. Markus Wallner (ÖVP), Landeshauptmann von Vorarlberg, sagte, man müsse alles tun, um eine Abtreibung weder kostengünstig noch einfach zu machen.
Die sogenannten "Lebensschützer" riskieren das Leben von Personen, die dann illegale, lebensgefährliche Abtreibungen durchführen lassen, wenn sie keine legale und leistbare Möglichkeit dazu haben. Ihnen ist egal, wie es den Kindern nach der Geburt geht. Zeitgleich sorgen diese Politiker*innen mit ihrer aktiven Kürzungs- und Sozialabbaupolitik dafür, dass sich Menschen, die gerne Kinder hätten, keine mehr leisten können.
Die Angriffe auf das Recht auf Abtreibung lassen sich u. a. durch die Angst der Wirtschaft vor Arbeitskräftemangel erklären. Die Wirtschaft hat ein Interesse an einer "industriellen Reservearmee", die ihnen billige Arbeitskräfte und genügend Arbeitslose als Druckmittel liefert. Daher passt die Ideologie der Rechten in diesem Fall so gut zu den Kapitalinteressen.
Die Angriffe auf das Recht auf Abtreibung gehen Hand in Hand mit anderen Angriffen auf körperliche Selbstbestimmung. Kleidungsvorschriften an Schulen, Hürden im Zugang zu Hormonersatztherapie für transgender Personen – auf der ganzen Welt sehen wir Angriffe auf die Rechte von Frauen und queeren Personen.
Internationale Beispiele
Am 24. Juni 2022 wurde in den USA das "Roe v. Wade" Urteil, das den bundesweiten Zugang zu Abtreibungen regelte, aufgehoben. Seitdem sind Schwangerschaftsabbrüche bereits in 15 Bundesstaaten verboten. In anderen Bundesstaaten wurde die Zeitspanne, in der ein Schwangerschaftsabbruch erlaubt ist, auf 6 Wochen herabgesenkt.
In Polen sind Schwangerschaftsabbrüche seit 1993 fast komplett verboten. Ausnahmen bilden die Gefährdung des Lebens der schwangeren Person sowie Schwangerschaften aufgrund von Vergewaltigung. Ärzt*innen dürfen sich aus Gewissensgründen weigern, eine Abtreibung durchzuführen. Dadurch sind schon mehrere Menschen ums Leben gekommen.
In Irland galt eines der strengsten Abtreibungsgesetze in ganz Europa, laut dem Schwangerschaftsabbrüche auch bei Vergewaltigung, Inzest und einem kranken Fötus strafbar waren. ROSA-Aktivist*innen dort setzten sich dafür ein, dass die Abtreibungspille verfügbar und zugänglich ist, und fuhren sogar mit einem "Abtreibungspillen-Bus" durch das ganze Land. Nach weiteren jahrelangen Kampagnen wurde der Druck von unten schließlich so groß, dass es 2018 gelang, mit einem Referendum das Abtreibungsverbot zu kippen.
Auch Feminist*innen in Argentinien konnten nach jahrelangem Kampf und Massenmobilisierungen 2020 einen Erfolg verzeichnen - seit Ende des Jahres sind dort Schwangerschaftsabbrüche bis zur 14. Woche erlaubt.
Wir müssen uns auch in Österreich organisieren, um die Angriffe auf das Recht auf Abtreibung zurückzuschlagen und unsere körperliche Selbstbestimmung erhalten zu können.
Unsere Forderungen
Wir können uns nicht auf rechtliche Gleichstellung verlassen. Wir brauchen nicht nur ein echtes Recht auf kostenlose, jederzeit zugängliche Schwangerschaftsabbrüche in jedem größeren Krankenhaus, sondern auch Gewaltschutz, leistbaren und sicheren Wohnraum und eine gute Sexualaufklärung. Verhütungsmittel sollten kostenlos zugänglich sein. Weiters brauchen wir eine kostenlose, ganztägige Kinderbetreuung zur Unterstützung berufstätiger Eltern.
Im Kapitalismus werden wir das alles nicht erreichen. Unsere Rechte werden immer wieder angegriffen werden, solange das Kapital nicht davon profitiert. Wir brauchen eine Systemalternative!