Als vor einiger Zeit ein Kommentator die Pose von Strache und Vilimsky am FPÖ-EU-Plakat mit Frank Underwood aus der Serie „House of Cards“ verglich war er wohl näher dran an der Wahrheit, als damals vermutet. Frank Underwood steht für einen korrupten Politiker mit dem Zug zur Macht um jeden Preis.
Am 17. Mai veröffentlichten Der Spiegel und Süddeutsche Zeitung Teile eines versteckt aufgenommenen Videos. In diesem ist der bisherige FPÖ-Parteivorsitzende und Vizekanzler Strache und sein Klubobmann Johann Gudenus zu sehen wie sie offenbar unter starkem Alkoholeinfluss einen Abend mit einer vermeintlichen russischen Oligarchennichte verbringen. Es geht um Politik, Medien und profitable Geschäfte. Nach dem Bekanntwerden des Videos war klar: das ist zumindest vorläufig das politische Aus für Strache. In Wien gab es begeisterte Hupkonzerte. Am Samstag den 18. Mai kam es in Graz – wo die FPÖ einen wenig euphorische Landesparteitag abhielt – sowie in Linz und Wien zu Protesten gegen Strache im Besonderen und die Regierung im Allgemeinen. Tausende jubelten am Wiener Ballhausplatz, als Straches Rücktritt bekannt wurde. Die SLP ist mit mitten drin – mit Flugblättern und konkreten Vorschlägen zum „Wie weiter“. Denn auch wenn die Freude groß ist, ist doch auch klar – was kommt danach? Neuwahlen sind auch begleitet von der Frage nach einer echten Alternative.
In Vino veritas – im Suff scheint man oft ehrlicher als im offiziell-polierten Polit-Business zu sein.
Die veröffentlichten Videos beweisen, was die meisten von uns schon lange wussten: Die FPÖ ist eine durch und durch korrupte Partei der Superreichen. Für ein paar Millionen an (offenbar illegal eingefädelten) Wahlkampfspenden sind sie bereit, den großzügigen Kapitalist*innen zu liefern, was diese möchte – u.a. Steuersenkungen und Ausverkauf von öffentlichem Eigentum, inkl. den österreichischen Wasserressourcen. Im Gespräch ist auch, den ORF und sogar das Wasser zu privatisieren. Ganz aufgeregt wird Strache als sich die scheinbare Perspektive auftut, die Oligarchennichte könnte die Hälfte der Kronenzeitung – auflagenstärkste Zeitung in Österreich und DIE Meinungsmacherin gerade im FPÖ-Wähler*innenklientel – kaufen. Da wird der Plan geschmiedet, Journalist*innen auszutauschen und mittels der Krone knapp vor der Nationalratswahl 2017 eine Werbekampagne für die FPÖ zu fahren. Auch ein bisschen „dirty campaigning“ wird angedacht, mittels pikanter Informationen über andere Parteien, veröffentlicht von dritten, den Wahlkampf zu beeinflussen. Es geht also nicht um „ehrliche politische Arbeit“ sondern um Meinungsmache und Wähler*innenbeeinflussung á la Trump. Weiters wird über eine stärkere Orientierung „nach Osten“ – also Richtung Russland und die autoritäre Medienpolitik in Orban-Ungarn – geredet. Der angebliche Serbenfreund Strache rät übrigens auch vom wirtschaftlichen Engagement in Serbien ab. Ein bisschen Sexismus rundet das Ganze dann noch ab… Im Gegenzug bietet Strache an, den vermeintlichen Gönnern profitable Staatsaufträge zuzuspielen – inklusive „Überpreis“.
Doch die Videos stellen nicht nur Strache und Gudenus bloß, sondern die gesamten politischen und wirtschaftlichen Eliten Österreichs: Strache erklärt, die FPÖ hätte hohe Summen von Österreichs Superreichen und Unternehmer*innen wie Rene Benko oder Heidi Horten, der Waffenlobby (Glock) und der Glückspielmafia (Novomatic) bekommen. Über verworrene Kanäle, nicht offiziell und selbstverständlich an entsprechenden Kontrollen vorbei. Auch wenn sich die genannten nun eilig distanzieren und die Zahlungen dementieren so ist keineswegs ausgeschlossen, dass Strache nicht nur angibt, sondern dass es gemeinsame Interessen gibt und hier doch in der einen oder anderen Form „eine Hand die andere“ gewaschen hat.
Korruption ist in der bürgerlichen Politik die Regel und nicht die Ausnahme.
Die Videos geben Einblick in das „Business as usual“ der etablierten Politik. Diesmal hat es die FPÖ erwischt. Vor einigen Jahren war es der ÖVP-Politiker Strasser, der in einer ähnlichen Falle offenherzig zeigte, wie (und wo) Politik wirklich gemacht wird. Meistens sind Politiker*innen klug genug, sich bei ihren Hinterzimmer-Deals mit den Reichen nicht filmen zu lassen. Doch sie finden laufend statt, zahlreiche Korruptionsskandale der diversen Parteien sind dabei nur die Spitze des Eisberges.
Die SPÖ hat bereits im letzten Wahlkampf bewiesen, dass sie selbst zu den schmutzigsten Methoden greift, und die Grünen haben sich auch erstaunlich einfach vom Mega-Bauprojekt am Wiener Heumarkt „überzeugen“ lassen. Je größer und einflussreicher eine Partei ist, umso rentabler ist es für die Kapitalist*innen, sie zu schmieren bzw. zu kaufen. Wenn bei den Neos also entsprechende Skandale noch fehlen dann liegt das nicht daran, dass hier „bessere Menschen“ am Werk wären, sondern dass sie schlicht zu wenig Einfluss haben. Alle Parteien, die auf dem Boden dieses Systems, des Kapitalismus, stehen, machen sich über kurz oder lang zu Werkzeugen der Reichen und Mächtigen. Denn selbst wo es keine offensichtlich illegale Korruption gibt, kein „Anfüttern“, oder „Geschenke“, keine „Freunderlwirtschaft“ oder ähnliches – da gibt es immer noch die ganz legale Korruption, bekannt als „Lobbying“. Kapitalist*innen sehen Parteispenden und Korruption als Investment und, gleich ob legal, illegal, oder im Graubereich, sie erwarten und erhalten die entsprechende Rendite von den etablierten Parteien.
Wem nützt das Ganze?
Im Netz verbreiten sich zahlreiche Verschwörungstheorien. Dass Strache und die FPÖ versuchen, sich als Opfer zu inszenieren ist klar. Doch natürlich wirft die Tatsache, dass das Video rund zwei Jahre alt ist, aber erst jetzt veröffentlicht wird, Fragen auf. Steckt die ÖVP dahinter um die Position gegenüber der FPÖ zu stärken? Hatten Hofer und der nationale Flügel der FPÖ die Finger im Spiel um den zunehmend opportunistischen Pennäler Strache durch den strammen Burschenschafter Hofer zu ersetzen? Haben jene Teile des europäischen Kapitals, die sich vor dem wachsenden Einfluss russlandfreundlicher Parteien fürchten, just knapp vor der EU-Wahl dieses Video veröffentlicht um die bürgerliche Rechte zugunsten der EU-kritischen Rechten zu stärken? Wahrscheinlich werden wir es nie genau wissen. Und dass wir uns all diese Szenarien gut vorstellen können zeigt, wie verrottet das bürgerliche politische System ist.
Klar ist: die bürgerliche Demokratie wird damit weiter an Vertrauen einbüßen (durchaus zu Recht). Kurz wird vermutlich gestärkt daraus herausgehen da er bei Neuwahlen einen Teil der Wähler*innen der FPÖ gewinnen wird bzw. in einer Koalition die FPÖ nun geschwächt ist. Und der gefestigte Burschenschafterflügel in der FPÖ, der nicht glücklich war mit Straches Versuchen die FPÖ „gemässigt zu präsentieren“ wird durch die Stärkung von Hofer noch stärker an die Schalthebel der Macht kommen. Eine „Säuberung“ der FPÖ von Strache&Co. kann einen weiteren Rechtsruck bedeuten, weil ideologisch gefestigtere Teile noch mehr Einfluss bekommen. Gudenus ist dabei nur ein Bauernopfer.
Und was jetzt? Neuwahlen reichen nicht!
Ja, es ist großartig, dass der selbsternannte Saubermann Strache und seine rechte Hand Gudenus alle Ämter zurückgelegt haben. Strache, der sich schon auf dem Weg zum Kanzler wähnte muss nun eine neue „Karriereplanung“ angehen. Wobei auch für gefallene FPÖler noch der eine oder andere Posten zu haben sein wird. Es muss sich also niemand um die beiden Sorgen machen…
Doch die Rücktritte sind noch lange nicht genug. Nicht nur, dass auch die anderen Parteien korrupt sind, sie stecken auch politisch unter einer Decke: Auch wenn die ÖVP die Koalition mit der FPÖ im Bund auflöst arbeitet sie z.B. in Oberösterreich weiter mit ihr zusammen. Auch die SPÖ koaliert in Bundesländern und Städten mit den Freiheitlichen, und auch die Grünen sitzen mit der FPÖ in Proporz-Regierungen. Die Politik dieser Parteien – jahrzehntelanger Sozialabbau kombiniert mit arroganter Abgehobenheit und Korruption, hat die FPÖ erst groß gemacht. Wir können uns nicht auf die etablierten Parteien oder die Medien verlassen. Auch wenn die Krone nun zum Schlag gegen Strache ausholt – gleichzeitig macht sie weiter mit ihrer rassistischen Hetze, also verbreitet weiter die Inhalte der FPÖ.
Das Ende der Koalition bedeutet nicht das Ende ihrer Politik - und auch nicht das Ende von Korruption. Um das System der Reichen zu stürzen, müssen wir uns selbst organisieren. Neuwahlen alleine reichen nicht! Die Demos in ganz Österreich ab Samstag den 18.5. sind dafür ein guter erster Schritt. Doch wir demonstrieren schon seit einem Jahr gegen die Regierung – das reicht nicht mehr. Organisieren wir uns an unseren Arbeits- und Ausbildungsplätzen, gründen wir Aktionskomitees und greifen wir die korrupte Politik dort an, wo es ihnen am meisten weh tut: Bei den Profiten ihrer Geldgeber! Die Gewerkschaften hätten mit über einer Million Mitgliedern und Verankerung in den Betrieben die Möglichkeit, eine Bewegung gegen diese Politik enorm zu verstärken. Beim 12-Stunden-Tag hat die Gewerkschaft gezeigt, welches Potential sie hätte – und hat es dann ungenutzt verpuffen lassen! Dass darf diesmal nicht geschehen. Selbstverständlich hat die Gewerkschaft das Recht und sogar die Aufgabe, sich in „die Politik“ einzumischen. Und zwar nicht, indem man – wie es die Gewerkschaftsspitzen tun – auf eine Stärkung der SPÖ bei Neuwahlen hofft. Es geht darum, das PROGRAMM der Regierung los zu werden, und zwar unabhängig davon, wer es versucht umzusetzen! Durch Streiks, kombiniert mit Mobilisierungen auf der Straße kann das gelingen. Doch damit danach nicht der Teufelskreis von vorne beginnt, müssen wir jetzt beginnen, eine politische Alternative zur korrupten etablierten Politik aufzubauen!
Das Problem des Rechtsextremismus ist mit dem Strache-Rücktritt nicht gelöst!
Die FPÖ wird bei den EU-Wahlen und bei Neuwahlen verlieren. Aber wer glaubt, mit diesem Skandal wäre das Problem gelöst, irrt gewaltig! Die FPÖ ist inzwischen jene Partei mit den treuesten Stammwähler*innen – sie wird auch viele Stimmen behalten weil viele nicht Strache, sondern die Partei und ihr Programm wählen. Aber es gibt auch viele, die die FPÖ nach wie vor als „anders“ verstehen und als „Alternative“ zu den (anderen) etablierten Parteien sehen. Viele haben die FPÖ bisher gewählt, weil sie – oft verständlicherweise – wütend über die Selbstherrlichkeit und den Sozialabbau von SPÖ&ÖVP sind. Manche werden die FPÖ weiter wählen mit der Erklärung, dass diese ja auch nichts anderes gemacht hat, als die anderen korrupten Parteien. Manche werden sich frustriert abwenden. Um diese wird es ein großes Buhlen geben. Die SPÖ wird es mit ein bisschen sozialer Rhetorik versuchen, die ÖVP (und Teile der SPÖ) stärker mit Rassismus und EU-Skepsis. Nur möchte die ÖVP einen vermeintlich „sauberen“ Rassismus, also ohne die Pöbelei der unzähligen freiheitlichen „Einzelfälle“ die am Nationalsozialismus anstreifen und für manche Investor*innen zumindest befremdlich wirken. Viele ehemalige FPÖ-Wähler*innen werden wohl auch ins Lager der Nichtwähler*innen wechseln.
Es ist so offensichtlich: Wir brauchen eine neue Partei, die sich weder von russischen noch von österreichischen Oligarch*innen kaufen lässt, sondern konsequent gegen die Reichen und ihr ausbeuterisches Profitsystem kämpft. Eine Partei der Arbeiter*innen und Arbeitslosen, der Jugendlichen und Pensionist*innen. Die SLP will eine solche demokratische und sozialistische Alternative mit aufbauen. Werde auch du mit uns aktiv! Damit wir nicht nur Strache loswerden, sondern den ganzen Rechtsextremismus und das System das dahinter steht!
Wir fordern:
- Offenlegung aller politischen Spendenkanäle der Reichen, der Banken und Konzerne! Als erster Schritt müssen alle Aufträge, die die Regierung vergeben hat genau untersucht werden. Wir müssen genau untersuchen, wer von den Entscheidungen der Regierung profitiert hat. Für solch eine Untersuchung müssen die Unterlagen der Firmen und der Ministerien geprüft werden - und zwar durch unabhängige Untersuchungskommissionen, von Betriebsrät*innen, Gewerkschafter*innen, Umweltaktivist*innen, Menschenrechtsaktivist*innen, Frauenaktivist*innen etc. Ohne jede Geheimhaltung, alles muss offen gelegt werden.
- Für unabhängige Medien der Arbeiter*innenbewegung statt jener, die im Interesse der Reichen und Mächtigen arbeiten!
- Für Mobilisierungen auf der Straße, in Betrieben, Schulen und Unis: Streiken, bis die Regierung und ihr Programm fällt! Bilden wir Aktionskomitees gegen die Politik der Reichen. Organisieren wir Druck von unten auch in den Gewerkschaften damit diese endlich ihrer politischen Aufgabe nachkommt!
- Enteignung der reichen Sponsoren von Sozialabbau, Rassismus und Sexismus! Übernehmen wir die Firmen gerade jener Superreichen und jener „Anfütterer“ von Politiker*innen – diese müssen künftig von den Beschäftigten, Vertreter*innen der Gewerkschaften und im Interesse der Gesellschaft verwaltet und organisiert werden.
- Für eine demokratische sozialistische Alternative zu Korruption und Kapitalismus! Wir brauchen eine neue Partei für Arbeiter*innen und Jugendliche, die nicht nur bei Wahlen antritt, sondern die v.a. auch den Kampf für eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung, ohne Korruption und Freunderlwirtschaft führt.