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Perspektiven für Österreich: Widersprüchlich, nicht einfach rechts

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Streiks im Sozialbereich

Metoo-Proteste

Bildungskonferenz diskutiert Widerstand

Bis zu 70.000 gegen FPÖPV

 

Dieses Dokument wurde auf der SLP-Bundeskonferenz 2018 diskutiert und beschlossen. Es versucht einen Überblick über die politische und wirtschaftliche Situation in Österreich zu geben und daraus Perspektiven für den Klassenkampf in den näcshten Jahren zu entwickeln.

  1. Der Aufstieg der FPÖ seit inzwischen Jahrzehnten sowie der Wahlerfolg von Kurz bei den Nationalratswahlen 2017 auf Basis von v.a. rassistischer Propaganda und die Bildung der dritten schwarz-blauen Regierung haben manche KommentatorInnen und auch Linke zur Schlussfolgerung gebracht, dass in Österreich eine rechte Grundstimmung herrscht. Diese schwarz-blaue Regierung ist zweifellos bedrohlicher, als es jene nach 2000 waren, insbesondere weil die FPÖ gelernt hat und wesentlich mehr Einfluss hat als damals. Die Häufung von Burschenschaftern und Ultrarechten in Machtpositionen macht – zu Recht – Angst. Die Pläne zum Umbau bzw. Abbau des Sozialstaates und die Angriffe auf die Rechte von ArbeitnehmerInnen durch diese Regierung sind sehr weitgehend. Auch das macht – zu Recht – Angst. Doch einfach von einer stabilen Regierung in einem rechten Land auszugehen, die ihre Agenda einfach so umsetzen wird, ist eine falsche, eine bestenfalls oberflächliche und einseitige Darstellung einer weit komplizierteren Situation. Abgesehen davon, dass es „die ÖsterreicherInnen“ gar nicht gibt, ist nicht von einer dauerhaften stabilen rechts-konservativen Regierung auszugehen.

  2. Die wirtschaftliche und politische Situation ist weit instabiler, als es uns Kurz&Strache und ihr angeblicher „neuer Stil“ weismachen wollen. Erst wenige Monate ist es her, dass die ÖVP sich in einer Krise befand, aus der Kurz sie – zumindest zur Zeit – herausgeholt hat. Die Krise der Grünen, die vor einem Jahr ihren Höhepunkt mit dem Wahlsieg Van der Bellens hatten und nun aus dem Nationalrat sowie einigen Landtagen geflogen sind, das Verschwinden von BZÖ und Team Stronach, die Tatsache, dass der Liste Pilz das Zugpferd abhanden gekommen ist und dass die SPÖ v.a. staatstragend (Positionierung als DIE EU-Partei und bisher kein offensiver Aufruf gegen schwarz-blau bzw. deren Politik) auf ihre Oppositionsrolle reagiert, zeigt, dass die Opposition keine wirkliche Gefahr für die Regierung darstellt. ÖVP und FPÖ haben aus den Fehlern der ersten zwei schwarz-blauen Regierungen gelernt. Insbesondere bezüglich inkompetenter und korrupter PolitikerInnen werden sie versuchen, eine Wiederholung zu vermeiden.

  3. Das wird der Regierung zwar helfen, ändert aber nichts an den inneren Widersprüchen innerhalb bzw. auch zwischen ÖVP und FPÖ. Die Zentralisierungspläne der Regierung z.B. werden auf Widerspruch v.a. aus den Reihen der Länder- und Kommunal-ÖVP kommen. Die Länder, die Bünde und die mächtigen Strukturen in der ÖVP wollen ihr Stück vom Machtkuchen haben (was schwierig ist, da Kurz die lukrativen Posten mit seinen JVPlerInnen besetzt) und sich nicht von Kurz&JVP kontrollieren lassen, der die ÖVP zu einer effektiveren bürgerlichen Partei machen will (was eine Entmachtung der diversen Unterstrukturen bedeutet). Der Unterschied zwischen der Propaganda von der sozialen Heimatpartei und dem neuen Stil einerseits und der neoliberal-normalen Politik in der Praxis andererseits stellt die FPÖ vor Probleme und kann auch zu Konflikten mit der ÖVP führen. Der Shit-Storm auf Straches Facebookseite, nachdem der 12-Stunden-Tag als Teil des Regierungsübereinkommens bekannt wurde, ist hier nur ein Vorbote. Auch wird der ultra-rechte Flügel der Burschenschafter dem Versuch von Strache&Co., sich moderat und seriös zu präsentieren, nicht dauerhaft zusehen: man will, dass „geliefert“ wird. Die Burschis haben Strache nicht zum Vizekanzler gemacht, damit er sich dann von Burschenschaftern distanziert oder diese von staatlicher Seite „untersucht“ werden. Auch diverse EU-Themen können – insbesondere in der zweiten Hälfte 2018, wenn Österreich/Kurz den EU-Ratsvorsitz führt – zu Konflikten in der Regierung führen.

  4. Das moderate Wirtschaftswachstum verschafft der Regierung einen gewissen zeitlichen Spielraum. Das Kapital drängt auf „Reformen“, die im Wesentlichen die Aufgabe haben, die Arbeitskosten in Österreich zu senken. Einige Pläne sind bereits bekannt geworden, doch der größte Teil wird erst im Rahmen des Doppelbudgets Ende März bekannt. Doch die Stabilität einer Regierung hängt nicht nur vom guten Willen der beteiligten Personen ab. Ob die Chemie stimmt, mag für Van der Bellen wichtig sein, doch es ist auf keinen Fall ausreichend, um dauerhaft die inneren Widersprüche und den äußeren Druck zu ignorieren.

  5. Wichtig für die Entwicklungen in Österreich ist, was sich international tut: Die Entwicklung der Weltwirtschaft, die Kriegsgefahr und die Umweltzerstörung und damit verbunden Menschen, die zur Flucht getrieben werden. Aber auch die Bewegungen und Proteste, die sich international abspielen, haben hierzulande Auswirkungen: Proteste gegen Trump oder gegen Ceta gab es auch in Österreich und Strömungen wie #metoo haben breite Diskussionen ausgelöst und Menschen auf die Straße gebracht. Oft sind es auch MigrantInnen aus verschiedenen Ländern, die auch in Österreich Proteste gegen die dortigen Missstände organisieren und politisieren (Katalonien, USA, Polen etc.). Zu den internationalen Entwicklungen findet sich mehr in den Dokumenten des Komitees für eine ArbeiterInneninternationale (LINKS zur dt. Version der IEK Stellungnahmen international und Europa).

 

Die Wirtschaftskrise ist nicht wirklich vorbei

  1. Ein objektiver Unsicherheitsfaktor für diese Regierung ist die wirtschaftliche Situation. Die aktuellen Wirtschaftszahlen sind – wenn man hinter die Propaganda blickt – kein Anlass zum Optimismus. Die Propaganda schreibt vom Wirtschaftsaufschwung, sogar von „Hochkonjunktur“ ist die Rede. Das Problem: Alle Prognosen (die traditionell eher überoptimistisch sind) sehen 2017 bereits den Höhepunkt erreicht, bei Exportzuwächsen und Investitionen geht es ab 2018 bereits wieder abwärts. Stefan Bruckbauer, Chefvolkswirt der UniCredit Bank Austria meint, dass das Wirtschaftswachstum von 2017 im Jahr 2018 kaum wiederholbar sein wird. Das reale Wirtschaftswachstum liegt 2017 bei 3% - ein Wert, der seit 1950 in der Mehrheit der Jahre überschritten wurde! Doch während es selbst in früheren schwachen Aufschwungperioden seit Ende der 1970er Jahre ein reales Wachstum von 3% und mehr für einige Jahre in Folge gab, dürfte 2017 alleine bleiben. Die Situation ähnelt eher den 1980er Jahren, die von einem schwachen Wachstum und dem Beginn der neoliberalen Kürzungs- und Privatisierungspolitik geprägt waren. (http://wko.at/statistik/Extranet/Langzeit/Lang-BIP.pdf) Wir haben es also keineswegs mit einem soliden Aufschwung zu tun, sondern eher mit einer relativ kurzen und schwachen Erholung, die ohne qualitative Verbesserungen für die ArbeiterInnenklasse bleibt. Die Krise von 2007/8 hat gezeigt, wie rasch und wie tief sich eine Krise auswirken kann und wie hilflos die Herrschenden dieser gegenüberstehen. Auch 2018 sind die Grundlagen der Wirtschaft nicht stabil, sondern von einer Reihe von Unsicherheitsfaktoren bedroht. Wir können nicht sagen, wann es zu einer nächsten Krise kommt, aber es kann gesagt werden, dass eine solche nur eine Frage der Zeit ist.

  2. Aufgrund der Abhängigkeit von Exporten (und Tourismus) ist für die österreichische Wirtschaft die Entwicklung der Weltwirtschaft (und hier v.a. der deutschen Wirtschaft, insbesondere der deutschen Autoindustrie, die angesichts der VW-Krise angeschlagen ist) von zentraler Bedeutung. Auch diese „boomt“, wenn man den „ExpertInnen“ glauben möchte. Doch da sich an den zugrundeliegenden Widersprüchen, die es im Kapitalismus gibt, zwischen gemeinschaftlicher Produktion und privater Aneignung, zwischen Bedürfnissen und Bedürfnisbefriedigung, zwischen Leistung und Bezahlung, nichts ändert, ist dieses System an sich schon krisenanfällig. Dazu kommen noch die Schwächen, die den Kapitalismus seit den 1980er Jahren charakterisieren und sich in der Bildung spekulativer Blasen, einer sinkenden Produktivität und Profitabilität, steigender Verschuldung, schleppender Nachfrage etc. ausdrücken. All das führt dazu, dass die Lage ähnlich instabil ist wie vor zehn Jahren, zu Beginn der Wirtschaftskrise (zu den zugrundeliegenden Widersprüchen mehr in früheren Artikeln und u.a. in der Broschüre „Sozialistische Antworten auf die Krise“). Der aktuelle „Aufschwung“ wurde durch massive staatliche Zahlungen finanziert (und eine verstärkte Ausbeutung der ArbeiterInnenklasse durch eine reale Umverteilung von unten nach oben) - d.h. die Verschuldung ist weiter angestiegen, die Kaufkraft aber gesunken. Während die österreichische Staatsverschuldung Mitte der 1990er bis Mitte der 2000er Jahre bei 61-69% des BIP lag, ist sie seit 2010 nicht mehr unter 80% gesunken (https://service.bmf.gv.at/Budget/Budgets/2017/beilagen/Oeffentliche_Schulden_2017.pdf). Rund acht bis zehn Prozentpunkte der Staatsverschuldung sind auf die Bankenrettung zurückzuführen: Geld (und hier v.a. Bundesgeld) wurde zwar zur „Rettung“ von Banken und Unternehmen eingesetzt, nicht jedoch, um den Lebensstandard der meisten hierzulande zu erhöhen.

  3. Die Prognosen der „ExpertInnen“ sind zu einem nicht unwesentlichen Teil Propaganda und klammern massive Unsicherheitsfaktoren (wirtschaftliche Schwäche in den Schwellenländern, die weltweite Kriegsgefahr mit ihren Auswirkungen auf den Ölpreis und die generelle Instabilität und die Verschärfung von Fluchtursachen sowie Naturkatastrophen in Folge des Klimawandels etc.) weitgehend aus. Hinzu kommen noch die politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten in der EU, die den wichtigsten Wirtschaftsraum für Österreich darstellt. Das Regierungsprogramm hat v.a. eine Aufgabe (in der es sich eben nicht von den Plänen von Kern&Co. unterscheidet): Den Standort Österreich zu verbessern. Und das geht nur, indem bei den Unternehmen Kosten (=Steuern, Umwelt- und Sicherheitsauflagen, Löhne bzw. Lohnnebenkosten) gesenkt werden.

  4. Der „Aufschwung“ bleibt für die meisten eine eher irreale Propaganda. Ein „Aufschwung“, so meint man, müsste doch mit einer Verbesserung der eigenen Situation einhergehen, mit mehr Mitteln und einer positiven Zukunftsperspektive. Doch das subjektive Empfinden und die objektive finanzielle Lage sehen anders aus. Insbesondere Jüngere und Junge gehen davon aus, dass sie es schwerer haben, als ihre Eltern. „Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s uns allen gut“ lautet zwar das Regierungs-Mantra, doch auch hier sind die Erfahrungen ganz andere. „Die Gewinne der ATX-Unternehmen sind im Geschäftsjahr 2016 kräftig gestiegen. Doch anstatt diese zu einem guten Teil zu investieren und damit die Schlagkraft der Unternehmen für die Zukunft zu erhöhen und wichtige Arbeitsplätze zu sichern, profitieren einmal mehr vor allem die Aktionäre.  Denn die Dividenden-Zahlungen klettern um 30 Prozent auf 2,3 Milliarden €. Ausgeschüttet wird teilweise auch bei Verlust oder mehr als der Gewinn ausmacht.“ schreibt die Arbeiterkammer (https://noe.arbeiterkammer.at/interessenvertretung/verteilungsgerechtigkeit/Mehr_als_2_Milliarden_Euro_fuer_Aktionaere.html). Ähnlich die OÖN: „Bank Austria: Mehr Gewinn, weniger Mitarbeiter“ (http://www.nachrichten.at/nachrichten/wirtschaft/Bank-Austria-Mehr-Gewinn-weniger-Mitarbeiter;art15,2663875) Die Prognosen für Investitionen, Konsum, Beschäftigung etc. deuten alle darauf hin, dass der Höhepunkt 2017 bereits überschritten ist (http://wko.at/statistik/prognose/prognose.pdf)

  5. Über das Wirtschaftswachstum wird zwar gelesen und gehört, aber von der ArbeiterInnenklasse kaum am eigenen Leib, bzw. im Geldbörsel, gespürt. Obwohl 67% angeben, dass es 2018 „wirtschaftlich aufwärts gehen wird“, glauben 89% nicht, dass sich 2018 die Kluft zwischen Arm und Reich verkleinern wird und nur 19% erwarten eine Verbesserung für sich selbst (http://derstandard.at/2000071310782/Nur-jeder-Vierte-glaubt-dass-Integration-von-Zuwanderern-gelingt). Bei den Lohnverhandlungen war ein bisschen die Stimmung „Wir wollen unser Stück vom Kuchen“ zu spüren und in einigen Branchen gab es – brutto – Abschlüsse rund um die 3%, die als Verbesserung wahrgenommen werden (Metall, Kinderbetreuung etc.). Auch im Sozialbereich (SWÖ) waren die KV-Verhandlungen polarisiert wie schon lange nicht mehr und die Kampfbereitschaft für mehr Geld aber v.a. kürzere Arbeitszeiten groß. Doch wir haben es keineswegs mit einer offensiven Lohnpolitik, getragen von einer breiten Stimmung in der ArbeiterInnenklasse, zu tun – eben weil weitgehend klar ist, dass es sich nicht um einen echten Aufschwung mit mehr ordentlichen Jobs, steigenden Löhnen und einer längerfristigen Verbesserung des Lebensstandards handelt.

  6. Von der Regierung werden diesbezüglich von der ArbeiterInnenklasse auch keine Verbesserungen erwartet. Laut einer von ATV in Auftrag gegebenen Umfrage meinen nur 9%, dass ArbeitnehmerInnen vom Regierungsprogramm profitieren, aber 49%, dass Unternehmen profitieren. (https://static.atv.cdn.tvnext.tv/dynamic/get_asset.php?a=cms%2Fmedia_items%2Fbinary_file%2F2200927.pdf&d=download&f=Pr%C3%A4sentation_ATV_Dezember_2017_final.pdf&h=c3c42deb1e020909aaeaeed831ba608b38ecf386) In einer Market-Umfrage geben nur 10% dem Regierungsprogramm ein „sehr gut“ und weit mehr Menschen befürchten Verschlechterungen bei sozialen Punkten (Pensionen, Gesundheit, Bildung) als Verbesserungen erwarten. (http://www.market.at/news/details/die-koalitions-verhandlungen-zwischen-...).

 

Politische Krise folgt der Wirtschaftskrise

  1. Auf internationaler Ebene wie auch in Österreich ist der Wirtschaftskrise eine politische Krise gefolgt, die das gesamte politische Establishment betrifft. Die herrschenden Parteien haben sehr deutlich gezeigt, dass sie keine wirklichen Antworten auf die Krise haben. Ihre Uneinigkeit zum Umgang mit den wirtschaftlichen Problemen war in den letzten Jahren offensichtlich und auch, dass ihre Maßnahmen wenig effektiv, dafür aber auf Kosten der ArbeiterInnenklasse waren. Hinzu kommen die Erfahrungen mit der Abgehobenheit und Korruptheit von PolitikerInnen und KapitalistInnen.

  2. Kurz hat die ÖVP vorübergehend gerettet. Anfang 2017 befand sich die Volkspartei noch in der Krise. Kurz ist es – ähnlich wie Macron, Trudeau, aber auch Trump - gelungen, sich als „neu“ zu präsentieren. Er hat mit dem Wunsch nach „Veränderung“, nach Neuem, gearbeitet und gewonnen. Aber die ÖVP ist heute nicht „neuer“ als damals, im Gegenteil steht sie für einen rechteren, wertkonservativeren und autoritäreren Kurs als in den letzten Jahren. Das Kapital kann zwar vorübergehend aufatmen, weil sein neuer Frontmann zieht, aber von Dauer wird dieser Effekt nicht sein.

  3. Die FPÖ zeigt einmal mehr die Entwicklung von rechtsextremen Parteien, wenn sie in die Nähe der Macht kommen: Natürlich ist eine historische Häufung von Burschenschaftern in Machtpositionen bedrohlich. Doch das Kapital hat aktuell kein Interesse an einer faschistischen Regierung und der völligen Zerschlagung der ArbeiterInnenorganisationen. Auch nicht an marodierenden Nazibanden. Wohl aber an einer intensiveren Umverteilungspolitik von unten nach oben, an einer Schwächung von Sozialstaat und einer Individualisierung der ArbeiterInnenklasse sowie einer Teile-und-Herrsche-Politik. Die FPÖ wird dafür heute als stabilerer Partner gesehen als 2000, sie hat gelernt, sie hat sich angepasst und sie zeigt in der Praxis, dass es mit ihr geht (wie in Wr. Neustadt und Oberösterreich). Wo sie an der Macht ist, sind die Spielräume für Rechtsextreme größer geworden, was eine reale Gefahr der Zunahme polizeilicher Willkür und rechter Gewalt bedeuten kann – Aufmärsche von Rechtsextremen und Faschisten werden leichter und auch gefährlicher. Ein Innenminister Kickl hat mit der Aussage „Platzverbot statt Denkverbot“ angedeutet, in welche Richtung er gehen will: Einschränkung des Demonstrationsrechtes für Linke, mehr Spielräume für die extreme Rechte. Menschen mit Migrationshintergrund werden vermehrt mit – auch staatlicher – Schikane und Diskriminierung bedroht sein. Abseits von ihrer sozialen Rhethorik steht die FPÖ für Sozialabbau, Standortpolitik und wertkonservative Gesellschaftspolitik. Wo sie an der Macht ist, wie in Oberösterreich, setzt sie diese neoliberale Politik auch um.

  4. In der Bundesregierung aber hat sie die entsprechenden Ministerien (Finanzen, Bildung, Wirtschaft etc.) weitgehend der ÖVP überlassen. Es gibt hier also eine gewisse Arbeitsteilung – die ÖVP macht den Neoliberalismus und die FPÖ sorgt für den repressiven Rahmen dazu. Das spiegelt auch den Versuch wider, die eigene WählerInnenschaft nicht frontal angreifen zu müssen. Allerdings hat das Ausreden auf den Koalitionspartner („wir würden ja gerne, aber die anderen wollen nicht“) auch bei der SPÖ nicht funktioniert und die FPÖ wird – zu Recht – als mitverantwortlich für den kommenden Sozialabbau gesehen werden. Die Ergebnisse der Landtagswahlen, die durchwegs hinter den Erwartungen der FPÖ zurückgeblieben sind, sowie ihre Performance rund um das Rauchthema sind Indikatoren dafür, dass die Partei weniger stabil ist, als sie gerne wirken möchte. Der Druck auf Strache wächst. Die FPÖ ist NICHT die neue ArbeiterInnenpartei, wie gerne von den Medien behauptet und von der FPÖ selbst proklamiert. Doch es gibt eine Reihe von WählerInnen aus der ArbeiterInnenklasse, die immer wieder für die Freiheitlichen gestimmt haben. Das drückt das Fehlen einer echten ArbeiterInnenpartei aus. Diese ArbeiterInnen von der FPÖ loszubrechen ist eine zentrale Aufgabe von SozialistInnen – nicht durch die Übernahme der rassistischen FPÖ-Politik, sondern indem die Enttäuschung dieser WählerInnen darüber, dass die FPÖ eben doch nicht sozial ist, aufgegriffen wird. Doch nur wenn Kämpfe gegen diese Angriffe und für Verbesserung für die ArbeiterInnenklasse geführt werden, wenn die Gewerkschaften hier eine offensive Politik fahren und wenn es ein echtes Angebot gibt, können diese bisherigen FPÖ-WählerInnen auch übergewonnen werden.

  5. Die SPÖ sucht nach einer Rolle. Auch wenn die Häupl-Nachfolge in Wien entschieden ist, heisst das nicht, dass die Krise überwunden ist. Die Ergebnisse der Landtagswahlen werden in der SPÖ abgefeiert, obwohl es im wesentlichen um Stimmen aus der Konkursmasse der zerbröselnden Grünen bzw. gescheiterter jüngerer Listen wie Team Stronach etc. geht. Insgesamt ist der rechts-pragmatische Flügel in der SPÖ gestärkt. Doch die Landtagswahlen und ein mögliches schwaches Abschneiden (u.a. ein Verlust von Kärnten) können diese Krise weiter vertiefen. Die Unterschiede sind aber nicht zwischen „links“ und „rechts“, sondern es geht einerseits um den Zugang zu den Futtertrögen und v.a. um die taktische Frage, wo WählerInnen eher wieder zurückzugewinnen sind – von der FPÖ oder von den Grünen (und die Antwort darauf ist in Teilen von Wien eine andere als z.B. im Burgenland). Die Rolle einer echten Opposition im Sinne der ArbeiterInnenklasse wird und kann sie aufgrund ihrer Orientierung an den Bedürfnissen des Kapitals und ihrer tiefen Verwobenheit mit dem Staatsapparat nicht spielen. Dennoch gibt es Menschen, die jetzt gerade in die SPÖ gehen bzw. auf sie setzen bzw. kann sie beim Fehlen einer echten linken Alternative auf der Wahlebene als Alternative gesehen werden. Wir werden keine Rückkehr zur alten SPÖ mit einer aktiven Massenbasis sehen, aber Wahlerfolge der SPÖ sind, vor allem bei einem weiteren Zerfallsprozess der Grünen, möglich. Beitritte aber werden Einzelfälle sein und keine Bewegung, und insbesondere ist eine Linksverschiebung der SPÖ als Ganzes sehr unwahrscheinlich.

  6. Doch natürlich wird es (oft wider besseren Wissens) den Wunsch geben, dass die SPÖ anders agiert. Auch ein rhetorisches Linksblinken der Partei ist möglich. Hier wird es wichtig sein, auf die Politik der SPÖ hinzuweisen bzw. eine grundlegend andere Politik einzufordern. Es ist nicht zu erwarten, dass sich SPÖ-geführte Kommunen oder Bundesländer weigern werden, die Kürzungen der Bundespolitik umzusetzen. Hier gilt es insbesondere zu beobachten, wie sich die SPÖ in Wien und Kärnten verhalten wird, da die Bundesregierung ja eine Reihe von Maßnahmen anstrebt, die gegen die Linie von SPÖ-Grün in Wien gehen und da gerade Kärnten durch die Hypo nach wie vor hohe „Altlasten“ hat. Das Höchste des SPÖ-Widerstandes wird wohl sein, Maßnahmen juristisch zu bekämpfen. Höchstens in Bereichen, wo die eigenen Jobs betroffen sind – also in AK, Gewerkschaft, AUVA, ÖBB, Gebietskrankenkassen etc. - werden SPÖlerInnen eine zentrale Rolle bei Protesten spielen. Die SPÖ als Partei wird sich aber wohl auch hier nicht an die Spitze des Widerstandes setzen, da das ihrem Selbstbild der seriösen staatstragenden Partei widersprechen würde. Dennoch können Strukturen (und damit finanzielle Ressourcen) der SPÖ, insbesondere SJ und FSG eine Rolle bei Protesten gegen schwarz-blau bzw. gegen deren Politik spielen. Wir sind bereit, mit SPÖ Mitgliedern/AktivistInnen/SympathisantInnen, die für eine linkere, sozialistischere, bzw. kämpferischere Politik eintreten, gegen die Regierung und für konkrete Gegenforderungen Kämpfe zu führen. Gleichzeitig machen wir unmissverständlich klar, dass die SPÖ für eine grundlegend andere Politik als die von Schwarz Blau nicht gewonnen werden kann und somit der Aufbau einer linken Alternative außerhalb von ihr stattfinden muss. Hier ist es wichtig, sicherzustellen, dass dieser Einfluss nicht missbraucht wird, um Proteste abzubremsen bzw. auf eine Wahlorientierung („wählt die SPÖ dann wird alles besser“) umzulenken, da beides schwarz-blau stabilisieren würde.

  7. Die Entwicklung der Grünen ist ein Lehrbeispiel für jede neue linke Formation darüber, wie es nicht geht (auch wenn der Vergleich insofern hinkt, als die Grünen nie als „linke“ Partei angetreten sind). In ihren Anfängen gab es einen starken linken Teil, der sich aber von Anfang an einem pragmatischen Kurs unterordnete. Solange man nirgends an der Macht war, gab es zumindest propagandistisch die Möglichkeit, nicht nur bei gesellschaftspolitischen Themen, sondern auch in sozialen Fragen fortschrittlich aufzutreten. Doch mit der Regierungsbeteiligung bzw. dem Wunsch einer solchen – vor dem Hintergrund eines Kapitalismus, der immer kleinere Spielräume für soziale Rüschen hat – war das nicht mehr möglich. Man wurde zum Partner für Sozialabbaupolitik für ÖVP (z.B. in Oberösterreich) und SPÖ (z.B. in Wien). Der Höhepunkt grüner Unterstützung mit dem Sieg von Van der Bellen bei der Bundespräsidentschaftswahl 2016 hat gleichzeitig den raschen Niedergang eingeläutet. Die inneren Machtkämpfe (Rauswurf der Jungen Grünen, Trennung von Pilz sowie diverse Abspaltungen und Ausschlüsse in den Bundesländern) sind nicht Ursache, sondern Folge der Krise der Grünen. Ähnlich wie bei der SPÖ (obwohl die Grünen im Gegensatz zur SPÖ nie eine ArbeiterInnenpartei waren) haben die komplette Unterwerfung unter kapitalistische Sachzwänge und der Prozess der Normalisierung (also wie jede andere bürgerliche Partei zu werden) nicht zu einer Stärkung (weil vermeintlichen „Verbreiterung“), sondern letztlich zu einer Schwächung geführt. Doch ähnlich wie bei der SPÖ werden die Linken in den Grünen jene sein, die am längsten an dem Projekt festhalten anstatt sich beim Aufbau einer neuen ArbeiterInnenpartei einzubringen.

 

Verwirrtes Bewusstsein

  1. International sehen wir, dass das Vertrauen in das System Kapitalismus gerade seit der Krise 2007/8 massiv zurückgegangen ist. Die Stimmung gegen „die da oben“, „die Elite“, „die Reichen“ ist weit verbreitet. Es gibt eine wachsende Ablehnung der Ungerechtigkeit des kapitalistischen Systems. Und es gibt (in Folge von Korruption sowie der Tatsache, dass diese in der Regel zugunsten des Kapitals agiert) große Unzufriedenheit mit der (beschränkten) bürgerlichen Demokratie. Das gilt auch für Österreich. Nur 26% meinen, dass PolitikerInnen über die Alltagssorgen normaler Menschen gut oder einigermaßen Bescheid wissen – 56% meinen nicht oder eher nicht. Am höchsten ist der Wert bei FPÖ-WählerInnen, wo 40% meinen, dass PolitikerInnen „überhaupt nicht“ darüber Bescheid wüssten. (http://www.imas.at/index.php/de/imas-report-de/aktuelle-reports/931-die-bundespolitik-und-die-buergernaehe-wenn-die-alltagssorgen-nicht-wahrgenommen-werden) OGM-Chef Bachmayer bezeichnet das Vertrauen in PolitikerInnen als "All-Time-Low": 43 % haben gar kein Vertrauen, weitere 50 % wenig Vertrauen in PolitikerInnen. (https://diepresse.com/home/innenpolitik/5307898/Vertrauen-in-Politik_Schlimmer-kann-es-nicht-mehr-werden) (Beide Umfragen vor der NRW). Das gute Abschneiden der ÖVP und die Vorschusslorbeeren für die neue Regierung werden daran mittel- und langfristig nichts ändern.

  2. Doch es gibt keinen Automatismus, dass sich diese Stimmung in bewusstem Antikapitalismus oder nach „Links“ ausdrückt. In sehr verquerer Art und Weise haben Kurz und Pilz bei den vergangenen Nationalratswahlen vom Wunsch nach Veränderung profitieren können. Die extreme Rechte inklusive der FPÖ reagiert mit ihrer Inszenierung als „soziale Heimatpartei“ und greift den Wunsch nach mehr sozialer Gerechtigkeit auf. Sie konnten das, weil das Klassenbewusstsein der ArbeiterInnenklasse zurückgeworfen ist und es keine linke Alternative gibt. Die Tatsache allerdings, dass bürgerliche und rechte Parteien sich „neu“ und „sozial“ präsentieren müssen, um gewählt zu werden, spiegelt die enormen Möglichkeiten wider, die eine kämpferische, demokratische neue ArbeiterInnenpartei mit sozialistischem Programm hätte.

 

Nicht einfach nur ein Rechtsruck

  1. Bei der letzten Wahl war das „Flüchtlingsthema“ dominant. FPÖ und ÖVP ist es gelungen, hier Ängste aufzugreifen bzw. auch gezielt zu schüren und so sozialen Ängsten eine rassistische Antwort zu geben. Neben existierenden realen Problemen, die entstehen, wenn sich mehr Menschen dieselben (oder sogar weniger) Mittel für soziale Leistungen teilen müssen, wurde und wird von Medien und Politik hier auch eine Problemlage herbeigeredet. Von Seiten der Herrschenden existiert sowohl ein Interesse an Migration (mit dem Ziel der Lohndrückerei) als auch an Problemen damit (als Instrument für „Teile und Herrsche“). Ob es sich um ein bewusstes Ablenkungsmanöver handelt oder nicht, ist müßig. Tatsache ist, dass das „Flüchtlingsthema“ soziale Fragen überdeckt. Rassismus ist real existent und stellt eine ernsthafte Bedrohung dar. Doch es wäre nicht nur eine grobe Vereinfachung, sondern eine grundsätzlich falsche Schlussfolgerung, wenn man behaupten würde (wie es leider viele „Linke“ tun), dass „die ÖsterreicherInnen“ oder „die ArbeiterInnen“ rassistisch wären.

  2. Vor zwei Jahren wurde Österreich von einer Welle der Solidarität erfasst, hunderttausende halfen Flüchtlingen. In einer Umfrage von Ende 2016 (also ein Jahr danach!) gaben 60% aller WienerInnen an, für Flüchtlinge gespendet zu haben, aber nur wenige hundert hatten sich an Demonstrationen gegen Flüchtlinge beteiligt. 75% waren für den Zugang von Flüchtlingen zum Arbeitsmarkt. Wir müssen bei Fragen von Migration/Flucht immer aufzeigen, dass das von Medien und Parteien gezeichnete Bild der „öffentlichen Meinung“ oft keineswegs stimmt und in der Realität meist weit komplexer ist. In einer Integral-Studie vom Dezember 2017 (also nach der Wahl und als schwarz-blau klar war) geben 39% an, dass Zuwanderung eine Bereicherung ist, 59 % äußern Angst vor der großen Zahl fremder Menschen in Österreich (wobei Angst noch nicht automatisch Ablehnung oder gar Rassismus bedeutet). 76 % finden, dass Österreich Menschen, die vor Krieg und Gewalt fliehen, helfen muss. 37% sind bereit, durch Spenden Flüchtlingen zu helfen, 27% sind bereit, sich hier auch ehrenamtlich zu engagieren. (http://www.integral.co.at/downloads/Pressetext/2017/12/Pressetext_Tag_der_Migranten_-_Dez2017.pdf)

  3. Wichtig ist das Verständnis für die verschiedenen Formen von „Rassismus“. Ein Burschenschafter oder Faschist, der an eine vermeintliche „rassische“ Überlegenheit einer vermeintlichen „weißen Rasse“ glaubt, ist etwas gänzlich anderes, als z.B. eine ältere Feministin, die sich aus ihrer eigenen Geschichte des Kampfes gegen Bekleidungsvorschriften für ein Kopftuchverbot ausspricht oder ein Arbeitsloser, der aus Angst um seinen Job gegen eine Öffnung des Arbeitsmarktes ist. Der größte Teil dessen, was wir heute als „Rassismus“ wahrnehmen, ist eine rassistische Antwort auf soziale Probleme. Das macht im konkreten Fall von Übergriffen natürlich keinen Unterschied, ist aber eine relevante Unterscheidung für die Frage, ob die VertreterInnen dieses „Rassismus“ grundsätzlich zu bekämpfen oder zu überzeugen sind. Die ArbeiterInnenklasse ist keineswegs immun gegen Rassismus, Nationalismus und Jahrzehnte der rassistischen Propaganda und Politik durch die etablierten Parteien (inklusive der „ÖsterreicherInnen zuerst“-Politik der Gewerkschaften) haben sich negativ auf das Bewusstsein ausgewirkt. Doch die ArbeiterInnenklasse kann eben diesen Rassismus mit sozialer Basis auch relativ rasch wieder überwinden, wenn durch soziale Bewegungen und Arbeitskämpfe die Klassenfrage in den Vordergrund rückt und auch durch das gemeinsame Kämpfen mit ArbeiterInnen „anderer“ kultureller und religiöser Prägung.

 

2018 werden Klassenfragen wichtiger

  1. Die Regierung hat viele Erwartungen geschürt, wird aber viele nicht einhalten können. Wie lange es dauert, bis die Enttäuschung über die Regierung zu Unmut und auch Protesten führen wird, auch von jenen, die sie gewählt haben, hängt stark mit dem Tempo und dieses mit der wirtschaftlichen Entwicklung zusammen. Das Ende der Aktion 20.000 und des Beschäftigungsbonus zeigen die Richtung an, erhöhtes Tempo wird es mit Ende März, der Verkündigung des Doppelbudgets und nach den vier Landtagswahlen geben. Die Regierung schätzt die wirtschaftliche Lage korrekt als weniger rosig als präsentiert ein – und kann nicht länger zuwarten. Der Wunsch nach Veränderung auf Bundesebene als Reaktion auf eine (auch überzeichnete) ständig streitende und handlungsunfähige SPÖ-ÖVP-Regierung hat sich in den Bundesländern nicht einfach fortgesetzt. Die Ergebnisse der Landtagswahlen zeigen auch einen Wunsch nach Stabilität, gewählt wurde v.a. Bekanntes bzw. die jeweils herrschenden Parteien. Das zeigt sich v.a. in Kärnten, wo die ÖVP trotz Kurz schwach blieb, und auch im hinter den Erwartungen zurückbleibenden FPÖ-Ergebnis bei allen Landtagswahlen. Beides ist in letzter Konsequenz Ausdruck für das Fehlen einer echten Alternative. Ein gutes Abschneiden von ÖVP und FPÖ bei den Landtagswahlen (Niederösterreich 28.1., Tirol 25.2., Kärnten 4.3., Salzburg 22.4.) bedeutet aber noch keine Zustimmung zu ihrem Programm, sondern wird im Wesentlichen eine Fortsetzung des Wunsches nach „Veränderung“.

  2. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis zunehmend auch WählerInnen von ÖVP und FPÖ enttäuscht von deren Politik sein werden. Mehr Abschiebungen und Polizeipferde können die Zukunftssorgen nicht wegwischen. Gerade jene Schicht von Jungen, die besonders stark Kurz gewählt haben, wird von den diversen Maßnahmen negativ betroffen sein. Die Studiengebühren werden nicht hoch genug sein, um die Unis völlig zu leeren und damit den Betreuungsschlüssel zu verbessern, aber so hoch, dass sie für einen Großteil der Studierenden eine Belastung darstellen. Ein neues Mietrecht wird die Mieten erhöhen und das Eintrittsrecht von Enkeln in Mietverträge erschweren. Gerade für Junge wird Wohnen noch teurer. Und auch die zu erwartenden Angriffe auf Frauenrechte werden gerade junge Frauen treffen. Gerade die ländliche Bevölkerung hat Kurz gewählt – die Verlängerung der zumutbaren Wegzeit bei Teilzeitjobs auf zwei Stunden wird gerade Frauen am Land aus dem Berufsleben und in die familiäre Abhängigkeit treiben. Diese Generation wird relativ rasch erleben, dass ihre Unterstützung für den „jungen, frischen, anderen“ Kurz keine Verbesserung ihrer Situation gebracht hat. Sie müssen erleben, dass die Wahlebene nicht das gewünschte Ergebnis gebracht hat.

  3. Auch ArbeiterInnen und kleine Angestellte, Arbeitslose und sozial Schwache haben ÖVP und FPÖ gewählt und werden das auch bei den Landtagswahlen noch tun. Viele hoffen, dass durch eine Kürzung von Leistungen für Flüchtlinge und MigrantInnen für sie mehr bleiben wird. Dass es diese Denkweise gibt, ist Ausdruck des niedrigen Bewusstseins, verantwortlich dafür sind SPÖ und ÖGB, die genau einen solchen Österreich-Chauvinismus seit Jahrzehnten fahren. Die Regierung hat mit dem Vorstoß, die Kinderbeihilfe für im Ausland lebende Kinder zu kürzen, auch in diese Richtung schon begonnen. Hier wird populistisch versucht, die ArbeiterInnenklasse noch stärker in „In-„ und „AusländerInnen“ zu spalten. Der Angriff auf jenen (großen) Teil der heimischen ArbeiterInnenklasse, der migrantische Wurzeln hat, ist nur der erste Schritt bzw. der propagandistisch in den Vordergrund geschobene für Angriffe auf die gesamte ArbeiterInnenklasse. Klar ist, dass Kürzungen – abgesehen von jeder moralischen Frage -, die auf Flüchtlinge bzw. AsylwerberInnen beschränkt sind, schlicht zu wenig Geld bringen. Das Einsparungspotential ist zu gering, als dass es zur „Gegenfinanzierung“ der geplanten Milliardengeschenke an KapitalistInnen reichen würde. Gerade einmal 0,4% des BIP werden für „Flüchtlingskosten“ verwendet, das sind weit unter drei Milliarden Euro (abgesehen von den positiven Effekten, die diese Ausgaben auf Konsum und Beschäftigung von ÖsterreicherInnen hat). Dem gegenüber stehen versprochene Steuerkürzungen für Unternehmen von bis zu 12 Milliarden Euro. Nur mit Kürzungen bei Flüchtlingen und MigrantInnen geht sich das schon rein rechnerisch nicht aus (abgesehen von juristischen Problemen).

  4. Es wird sich also rasch herausstellen, dass die gesamte ArbeiterInnenklasse, unabhängig von ihrer ethnischen oder religiösen Herkunft, betroffen ist.

Das trifft insbesondere im Bereich „Arbeitswelt“ (Angriffe auf Arbeitslose und Kollektivverträge, 12-Stunden-Tag etc.) zu. Hier setzt die Regierung auf Populismus. Mit der einen Hand wird mit Mediengetöse eine (oft nur scheinbare) Verbesserung verkündet und mit der anderen (diesmal aber ohne Mediengetöse) wesentlich mehr genommen. Vergessen wir nicht, wenn es z.B. um das Thema Arbeitslosigkeit geht, dass das Lieblingswort von Kurz&Strache "Sanktionen" ist. Wenn die Notstandshilfe abgeschafft wird und das Arbeitslosengeld mit der Bezugsdauer sinken soll, dann droht entweder Hartz 4 (und damit der Zugriff auf das bescheidene „Vermögen“ von Arbeitslosen wie Auto oder Wohnraum) oder völlige Verarmung und Abhängigkeit (gerade von Frauen). Mit viel Mediengerummel und Hetze wird die Regierung zwar weiter Rassismus schüren, um davon abzulenken, aber die persönliche Betroffenheit durch die Regierungsmaßnahmen wird Menschen in Opposition zur Regierung bringen, die diese vor kurzem noch gewählt haben. Sie werden dadurch rassistische Vorurteile nicht sofort über Bord werfen, aber soziale Proteste sind die Grundlage, auf der das geschehen kann.

 

Programm, Perspektive und Organisation anbieten

  1. Wir haben keine Widerstandsbewegung wie 2000 erwartet, doch es gab und gibt eine Reihe von Protesten. Tatsächlich waren alle Proteste bisher größer als erwartet (bei der Angelobung, am 13.1. und das nicht nur in Wien) und wurde jedes Angebot zum Protest (Lichtermeer für Ute Bock, Frauenvolksbegehren, Rauchervolksbegehren) aufgegriffen. Die soziale Frage ist hier von Anfang an weit präsenter, als sie das 2000 war. Eine ganze Generation kann und wird hier politisiert werden – 2000 haben 20% aller WienerInnen unter 30 an der „Widerstandsbewegung“ teilgenommen. Auch diesmal werden es gerade auch viele junge Menschen sein, die „etwas tun“ wollen. Wir erleben hier eine Welle der Politisierung, der wir ein Programm, eine Perspektive und eine Organisation anbieten müssen. Doch der Großteil der „Linken“ bietet keine Perspektive und kein Programm, WIE die Regierung und ihre Pläne zurückgeschlagen werden können. Doch gerade das ist notwendig, weil symbolische Proteste zu wenig sind. Die SLP versucht, ein solches Programm und eine Perspektive anzubieten.

  2. Ein Fokus des Protestes wird der Bildungsbereich sein. Studiengebühren betreffen Studierende und AHSlerInnen, die Wiedereinführung von Noten (junge) Eltern und (angehende) LehrerInnen, das geplante Einfrieren des Bildungsbudgets SchülerInnen, Eltern und LehrerInnen. Wir sehen hier an Schulen, Hochschulen und Unis bereits die ersten Anzeichen von Protesten. Mitglieder der SLP haben die Initiative für die Vernetzungskonferenz Bildung gesetzt, die ein erster Schritt für den Aufbau von Basis-Widerstandsstrukturen und konkrete Aktionen sein kann.

  3. Die Rechte und der Lebensstandard der ArbeiterInnenklasse stehen unter Beschuss durch die neue Regierung: Angriffe auf Sozialleistungen, Arbeitszeit, Löhne etc. stehen ganz oben auf ihrer Liste. Widerstand dagegen ist/wäre objektiv notwendig. Die Gewerkschaften haben hier eine große Verantwortung – doch es ist zu befürchten, dass sie dieser nicht in notwendigem Ausmaß nachkommen werden oder aufs SPÖ-Wählen als „Lösung“ verweisen. Die Gewerkschaftsführung fährt seit Jahrzehnten die Taktik: Wir schauen mal, was kommt, dann wollen wir mitreden, dann einigen wir uns auf einen Kompromiss. Doch es ist völlig klar, was die Regierung will und auch, dass sie an einer Einbindung der Gewerkschaft kein Interesse hat. Doch diese Taktik der Gewerkschaftsführung kann bedeuten, dass viele nötige Kämpfe nicht geführt werden - oder nicht in der notwendigen Konsequenz. Hier werden Beschäftigte, die sich wehren, auf sich alleine gestellt bzw. nur von Teilen der Gewerkschaft (eher unteren Strukturen) unterstützt werden. Beim Streik im Sozialbereich hat die zuständige Gewerkschaft die KollegInnen bestenfalls halbherzig unterstützt und mit ihrem faulen Kompromiss der gesamten Gewerkschaftsbewegung geschadet. Aktivitäten aus der ArbeiterInnenklasse werden sich also nicht nur innerhalb der Gewerkschaften, sondern oft auch ausserhalb abspielen. Insbesondere jüngere und migrantische Beschäftigte haben oft keinen (positiven) Bezug zur Gewerkschaft und werden sich daher eher „vernetzen“, aber nicht in den gewerkschaftlichen Strukturen organisieren.

  4. Zusätzlich greift die Regierung aber auch die Organisationen der ArbeiterInnenbewegung selbst an. 50% aller Betriebe in Österreich haben keinen Betriebsrat. Der 12-Stunden-Tag soll auf betrieblicher bzw. individueller Ebene vereinbart werden. Insgesamt soll die „betriebliche Ebene gestärkt“ werden. Zusätzlich soll die Arbeiterkammer finanziell beschnitten werden. Es sind also alle Beschäftigten betroffen UND auch die FunktionärInnen bzw. Angestellten von Gewerkschaften und Arbeiterkammern. Es ist zu erwarten, dass sie versuchen werden, ihre eigenen Jobs und ihre Existenzberechtigung zu verteidigen. Wie kämpferisch das ablaufen wird, ist eine andere Frage. Teile der Bürokratie werden auch hier einen Abtausch versuchen. Die Spitzen von ÖGB und AK spielen seit langem eine bremsende und negative Rolle für die ArbeiterInnenklasse. Hinzu kommt ihre Abgehobenheit und ihre Privilegien, die dazu führen, dass sie nicht als KämpferInnen gegen „die da oben“ gesehen werden, sondern oft als Teil davon. Als SozialistInnen verteidigen wir kein einziges der Privilegien von AK- und ÖGB-Spitze, aber sehr entschieden die Organisationen und Rechte der ArbeiterInnenklasse. AK verteidigen muss daher immer auch AK verändern (demokratisieren und ohne Privilegien) bedeuten. Wir werden hier Debatten erleben, wo wir als „Nestbeschmutzer“ bezeichnet werden, wenn wir auf die völlig absurden Spitzenbezüge der Gewerkschafts- und AK-Spitzen hinweisen. Doch ein erfolgreicher Kampf um die Verteidigung von Organisationen der ArbeiterInnenklasse braucht die Unterstützung der Basis und die hat – zu Recht – kein Interesse, die Privilegien einer kleinen Elite zu verteidigen.

  5. Die Verteidigung von AK und Gewerkschaften braucht deren Demokratisierung, den Abbau von Privilegien und einen kämpferischeren Kurs. Nicht Verhandlungen werden die Organisationen der ArbeiterInnenbewegung erhalten, sondern wenn sich diese als Kampfinstrumente der ArbeiterInnenklasse gegen alle Angriffe der Regierung auf die ArbeiterInnenklasse bewähren. Weil aber die Gewerkschaftsbürokratie ihr eigenes Überleben in den Fokus rücken wird, werden wir viel Frust und Wut an der Gewerkschaftsbasis erleben (nach dem Motto „Für eure Privilegien sollen wir auf die Straße gehen, aber für unsere Löhne macht ihr faule Kompromisse“). Doch es wird aus dem Gewerkschaftsapparat auch ernsthafte Versuche des Widerstandes gegen die Angriffe der Regierung geben. Bei solchen Mobilisierungen wird es ebenfalls notwendig sein, eine weitergehende Kampfstrategie sowie demokratische Strukturen vorzuschlagen. All das ist die Basis für kämpferische betriebliche gewerkschaftliche Basisstrukturen – für die es allerdings in Österreich keine Traditionen gibt. Doch in den letzten Jahren haben Initiativen, insbesondere im Sozial- und Pflegebereich, gezeigt, dass es eine Basis dafür gibt. Der ÖGB-Kongress im Juni 2018, der terminlich fast mit dem Ultimatum zur Kosteneinsparung der AK zusammenfällt, sowie die AK-Wahlen 2019 können solche Initiativen sichtbarer machen und vernetzen und damit ein Schritt in Richtung einer gewerkschaftlichen Linken sein, die eine zentrale Voraussetzung auch für die Bildung einer neuen ArbeiterInnenpartei ist. Für den Aufbau von Basisstrukturen und einer gewerkschaftlichen Linken ist es weiters notwendig, dass die Gewerkschaft auch in Protestbewegungen außerhalb ihrer "klassischen" Kampffelder eine Rolle spielt, deren Forderungen aufgreift und mit sozialen und wirtschaftlichen Forderungen ergänzt. So z.B. bei antirassistischen oder Umweltschutz-Bewegungen. Kämpfe, in denen Mitglieder der Gewerkschaft aktiv sind, müssen zu gewerkschaftlichen Kämpfen werden.

     

  6. Schwarz-blau, aber eigentlich die gesamte wirtschaftliche Situation, die keinen Spielraum für die Sozialpartnerschaft der 1960er bis 80er Jahre mehr lässt, stellt die Gewerkschaft vor große Herausforderungen. Die Führung hofft immer noch, über Verhandlungen den Angriffen die ärgsten Spitzen nehmen zu können. In den vergangenen Jahren hat sich die Gewerkschaftsführung immer wieder als Hindernis für Widerstand aus der ArbeiterInnenklasse herausgestellt. Entgegen den Behauptungen der Bürokratie, dass „die KollegInnen in den Betrieben nicht zu mobilisieren sind“ hat die ArbeiterInnenklasse JEDES ernsthafte Angebot zum Widerstand angenommen, seien es Betriebsversammlungen, Demonstrationen oder auch Streiks. Gerade weil die Gewerkschaften zögerlich und bremsend sind, wird sich der Unmut aus der ArbeiterInnenklasse oft andere Ventile suchen. Das kann kleinere regionale Proteste beinhalten, betriebliche bzw. branchenweite (wo wir z.B. im Sozialbereich ein großes Potential von Menschen sehen, die durch Kürzungen in Kämpfe getrieben werden) oder aber auch durch andere Themen. Das Kapital und damit die Regierung setzen auf einen verschärften Überwachungs- und Repressionsapparat (auch wenn wir von einer „Orbánisierung“ noch weit entfernt sind). Vordergründig gegen MigrantInnen/Flüchtlinge/Terrorismus, in Wirklichkeit zur Kontrolle von Armut, Unmut und Protesten. Maßnahmen zum Demokratieabbau, vermehrte Überwachung und Repression gegen Arbeitslose waren in den letzten Jahren immer wieder ein Ansatz für Proteste von v.a. Jugendlichen (z.B. gegen Acta) und können es auch in den nächsten Monaten in Österreich sein.

  7. Auch der Rassismus der Regierung wird nicht unwidersprochen bleiben. Einerseits von ÖsterreicherInnen (AktivistInnen, FlüchtlingshelferInnen etc) und zwar durch die geplanten vermehrten Abschiebungen und zentralisierten Unterbringungen als auch aus kleineren (ÖVP)-Gemeinden, aber andererseits auch durch Menschen mit Migrationshintergrund selbst. Je nach „Zählweise“ haben rund 20% aller Menschen (in den Städten noch weit mehr) in Österreich Migrationshintergrund . Viele leben seit Jahrzehnten hier, sind berufstätig, zahlen Steuern, haben Geschäfte – und sind es leid, ständig als schmarotzender Kostenfaktor dargestellt zu werden. Dieser Unmut drückte sich bei den letzten Wahlen durch „Migrantenlisten“ aus. Gerade in diesem Bereich ist es wichtig, über den Tellerrand der Propaganda hinauszuschauen. Rund 80% aller moslemischen Frauen trägt kein Kopftuch. Weniger als 15% aller Moslems/Muslima sind sehr religiös. Bei einem Anteil von nur 8% Moslems bedeutet das, dass rund 1% der Menschen hierzulande sehr religiöse Moslems sind (die aber keineswegs alle fanatische FundamentalistInnen oder gar TerroristInnen sind!).

  8. Aber Religionsfragen gewinnen an Bedeutung. Das „Opium des Volkes“ wird von unterschiedlichen reaktionären Seiten zur Ablenkung von Klassenfragen benutzt. Die Regierung inszeniert einen Religionskonflikt und will dem Christentum wieder verstärkt in Schulen und Staat Raum geben. In Kombination mit ihrer rassistischen Rhetorik und Praxis wird sie insbesondere migrantische Jugendliche vor den Kopf stoßen, ausgrenzen und damit in die Hände von (oft islamischen) religiös-reaktionären Strukturen treiben. Strache und Erdogan waren schon bisher die wechselseitig besten Rekrutierer – diese Entwicklung kann die Regierung auch durch die bewusste Ausgrenzung von Menschen mit Migrationshintergrund verstärken. Doch das ist nur eine Seite, die andere ist, dass Menschen mit Migrationshintergrund sich gegen den wachsenden staatlichen und privaten Rassismus wehren werden und dass migrantische Jugendliche ebenso Teil der Proteste gegen die Angriffe im Bildungswesen sein werden, migrantische ArbeiterInnen sich gemeinsam mit österreichischen gegen den 12-Stunden-Tag stark machen. Das werden Entwicklungen sein, die zu einer tatsächlichen „Integration“ beitragen und – dort wo sie stattfinden – der rassistischen Propaganda den Boden entziehen können. Für Linke ist es daher wichtig, Menschen mit Migrationshintergrund nicht in erster Linie über ihre (vermeintliche) kulturelle und religiöse Identität anzusprechen, sondern als Teil der ArbeiterInnenklasse.

  9. Die wohl größte Gruppe von „Opfern“ der Regierung sind Frauen, die auf allen Ebenen betroffen sind. Als Beschäftigte, als Menschen, die soziale Leistungen brauchen, als Mütter und ganz direkt als Frauen. Mit dem Etikett „Selbstständigkeit“ werden Schutzbestimmungen abgebaut (wie z.B. beim Pensionsantrittsalter), ohne dass Diskriminierungen beseitigt wären. Geplant sind auch Angriffe auf reproduktive Rechte (Verhütung, Aufklärung), die zu einer Entmündigung von Frauen führen sollen. Doch es ist eine ganze Generation junger Frauen, die nicht mehr bereit sind, den himmelschreienden Unterschied zwischen der Propaganda von der Gleichberechtigung und der Realität von Sexismus, Gewalt und Bevormundung hinzunehmen. Bewegungen wie #metoo oder auch für das Recht auf Abtreibung in Irland und Polen zeigen die enorme Sprengkraft und die Widerstandsfähigkeit und Bereitschaft von gerade jungen Frauen. Österreich wird hier keine Ausnahme darstellen. Ähnliches gilt auch für LGBTQ+ Themen und Aktivitäten, die der Regierung mit ihrer Stärkung der „traditionellen Kleinfamilie“ ein Dorn im Auge sind.

 

Organisierung ist wichtig

  1. Im Juni 2016 hat „Aufbruch“ mit dem Slogan „So wie bisher kann es nicht weitergehen“ den Nerv getroffen und mit über 1.000 TeilnehmerInnen bei der Gründungskonferenz einen beeindruckenden Start hingelegt. Doch das Projekt hat nicht gehalten, was viele gehofft haben. Die zentrale Schwäche war zu viel Vorsicht und Innenorientierung (siehe dazu ausführlichere Stellungnahme). Auch andere linke Projekte wie KPÖ+ waren nicht erfolgreich, was an subjektiven Fehlern, aber auch dem Fehlen von größeren Klassenkämpfen liegt.

  2. Die Schwäche der Linken, insbesondere das Fehlen einer gewerkschaftlichen Linken ist der wesentliche Grund für die Stärke von rechten und rassistischen Parteien. 2018 wird angesichts der Angriffe der Regierung der Wunsch nach einer Einheit der Linken und einer linken Alternative noch stärker werden. Die kommenden Proteste bieten auch die Chance für echte neue Entwicklungen, die über die bekannte (und sich kennende) Linke hinaus geht. Hier gilt es aus den Fehlern und Schwächen bisheriger Projekte zu lernen. V.a. aber gibt es viele Menschen, die jetzt aktiv werden wollen, die „was tun“ wollen. Hier müssen SozialistInnen mit großer Offenheit herangehen und Angebote machen. Im Gegensatz zu früheren Jahren wird die Frage der Organisierung eine wichtigere werden. Die Ablehnung gegenüber Organisierung, aber auch gegen Organisationen und Parteien ist geringer, als z.B. in den 1990er oder auch 2000er Jahren. Die Angriffe der Regierung bieten auch die Möglichkeit, über „Identitätsgrenzen hinweg“ Widerstand zusammenzufassen (niemand wird „nur“ als Schwuler, als Muslima, als Sozialarbeiter, als Schülerin angegriffen, sondern die Regierungspläne führen zu einer Vereinigung in der Betroffenheit). Der gemeinsame Kampf gegen den 12-Stunden-Tag oder für Netzneutralität wischt Homophobie oder Rassismus nicht beiseite, stellt aber die Grundlage dafür dar.

  3. Wir müssen uns auf bewegte Zeiten vorbereiten. Der größte Fehler der österreichischen Linken ist die Arroganz und Unterschätzung dessen, was an Widerstandspotential in der ArbeiterInnenklasse möglich ist. Die „Peitsche der Konterrevolution“ – und nichts anderes ist die schwarz-blaue Regierung – führt zu einer Gegenreaktion. Oft aus dem Bauch heraus ohne klares Bewusstsein oder Ziel, oft verwirrt und voller Illusionen. Doch wir „werden uns noch wundern, was alles möglich ist“ an Widerstand, an Protesten und Aktionen aus der ArbeiterInnenklasse. Unsere Aufgabe als SozialistInnen ist es, uns darauf vorzubereiten, ein Programm für die kommenden Proteste anzubieten und unsere Organisation als Rahmen für alle, die aktiv werden wollen und sich am Aufbau einer neuen ArbeiterInnenpartei zu beteiligen. Das versucht die SLP mit dem 6-Punkte Programm zum Sturz der Regierung. Wir versuchen eine Perspektive zu geben, was kommt, ein Programm wie das bekämpft werden kann, und eine Organisation aufzubauen, die dazu bereit und in der Lage ist.

  4. Die Lehren der Widerstandsbewegung von 2000 zeigen, dass der Widerstand demokratische Strukturen braucht, die Menschen aus unterschiedlichen Zugängen einbinden. Dass er eine Orientierung auf die ArbeiterInnenklasse und ihre Kampfformen (bis hin zum Streik) braucht, um die Herrschenden dort zu treffen, wo es ihnen wirklich weh tut, nämlich bei ihren Profiten. Und dass es ein Programm braucht, das nicht in der engen Logik des Kapitalismus stecken bleibt, sondern die Krisenanfälligkeit und grundlegende Ungerechtigkeit dieses Systems erkennt und Alternativen dazu aufzeigt, die den Menschen und seine Bedürfnisse über Profite stellen. Eine große Schwäche von 2000 und seither ist das Fehlen einer Partei für ArbeiterInnen und Jugendliche. Solange sie fehlt, können einerseits extreme Rechte die existierende Wut aufgreifen und in Richtung Rassismus ablenken und bleiben andererseits auf der Wahlebene SPÖ und Grüne als „Alternativen“, die doch in ihrer politischen Praxis nicht so fern sind von schwarz-blau und mit ihrer Politik eben diese stark machen. Der Aufbau einer solchen neuen ArbeiterInnenpartei mit kämpferischer Praxis, demokratischen Strukturen und sozialistischem Programm ist daher dringend notwendig. Die SLP, eine revolutionär-sozialistische Organisation hat und wird auch in Zukunft jeden ernsthaften Schritt in diese Richtung unterstützen. Doch aktuell ist die SLP das Angebot an all jene, die etwas gegen die Regierung tun und den Wahnsinn des Kapitalismus bekämpfen wollen. Werde aktiv und werde Teil der SLP!

 


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